Dienstag, 4. November 2014

Selbsthilfegruppen: Meine Erfahrungen

Ich war bereits in drei verschiedenen Selbsthilfegruppen zur Sozialphobie. In der ersten, die war direkt vor Ort, da fühlte ich mich mehr und mehr unwohl. Ich hatte den Eindruck, ich passe gar nicht in die Gruppe; gerade seit dem ein Mitglied den Gruppenname anzweifelte :o. Weiterhin war ich alleine unter zwei deutlich älteren Männern.

In der zweiten Gruppe, die war weiter weg, da war die Teilnahme mehr und mehr unzuverlässig und meine Befürchtung, ich könnte irgendwann einmal für nichts eine halbe Stunde gefahren sein, war zu groß, als sie noch weiterhin zu besuchen; weiterhin hatte ich zu dem Zeitpunkt eine berufliche Reha angefangen, die mir zu viel Kraft nahm, um am Abend nochmals zur SHG zu fahren. Zudem sagte mir der Ort/ die Fahrstrecke nicht zu. Später löste sie sich auch komplett auf.

In der letzten, die war auch etwa eine halbe Stunde entfernt, aber der Fahrtweg und der Ort waren für mich bekannter und angenehmer, war ich auch nur ein paar Monate. Anfangs fand ich es noch okay. Auch wenn ich wieder einmal mit Abstand die Jüngste dort war; aber immerhin war die Geschlechtsaufteilung zumindest zu Beginn gut gemischt. Mit der Zeit kam aber auch dort immer mehr Unwohlsein auf; die Teilnahme einiger Mitglieder wurde immer unzuverlässiger bis sie so gut wie gar nicht mehr kamen. Es kamen zudem immer wieder ein paar neue Gesichter dazu; natürlich (bis auf eine Ausnahme) alle wieder deutlich älter als ich und männlich. Weiterhin war es stets ein offenes Ende und wir saßen an einigen Tagen bis zu ca. 3 Stunden zusammen. Das ist mir einfach zu viel. Außerdem kamen meine Vorschläge zur Gruppengestaltung nicht wirklich an. Und dann mussten wir auch noch die Räumlichkeiten wechseln; erst einmal blieben wir im selben Ort... dies sollte aber nicht von Dauer sein. In diesen neuen Räumlichkeiten fühlte ich mich aber schon nicht wohl; auch nicht in der Umgebung, wo diese lagen. Das alles machte es für mich immer schwieriger, dorthin zu fahren. Und nach einem Klinikaufenthalt Ende letzten Jahres konnte ich mich nicht mehr überwinden, dorthin zu fahren. Weiterhin ist die Gruppe nun in ihren endgültig neuen Räumlichkeiten in einem Nachbarort zum vorherigen Standort. Dort kenne ich mich so gar nicht aus; auch wenn der Fahrtweg ähnlich sein wird, wie zuvor... aber es ist in einem Ort, in dem ich noch nie wirklich war.

Fazit: Bisher lief es noch in keiner Selbsthilfegruppe, in der ich war, nach meinen Vorstellungen ab. War ich einmal versucht, meine Vorschläge mit einzubringen, stieß ich mind. bei einer Person auf Widerstand, die diesen eben auch deutlich kund gab. Ich glaube, ich habe da nicht die richtigen Vorstellungen einer Selbsthilfegruppe. Am besten hat es mir bisher noch in der dritten Selbsthilfegruppe gefallen; zumindest anfangs... wenn da nicht ein Mitglied wäre, welches öfter einmal irgendwelche merkwürdigen alternativen Heilmethoden weitergeben möchte (Reiki und so ein Kram); und vor allem: Wenn dieser nicht stets gegen alle meine Vorschläge ist, wie man so eine Gruppensitzung gestalten könnte.

Ich bin froh, mich Anfang diesen Jahres auf das Angebot meines Therapeuten zur Teilnahme an seiner Gruppentherapie eingelassen zu haben; gesagt zu haben, dass ich es einmal ausprobiere. Und es ist echt völlig in Ordnung bei ihm. Bei ihm ist die Gruppentherapie quasi wie eine Einzelsitzung in der Gruppe. Klar, ist dies für mich auch mit viel Anstrengung bzw. Angst und Unsicherheit verbunden; aber das ist eine Einzelsitzung ebenso. ... Aber so in diese Richtung ging meine bisherige Vorstellung von einer Selbsthilfegruppe auch; da wäre für mich vielleicht eher noch so eine Art Selbsthilfegruppe etwas, die begleitend zu einer Therapie stattfindet. So, wie es in der Klinik in Bad Bramstedt zu jeder Stationsgruppe mit Therapeut noch ein Gruppentreffen ohne Therapeut gab, in der gemeinsam ein Thema besprochen wurde oder es um den Gruppenzusammenhalt/ -aktivität ging, in dem etwas gemeinsam geplant und gemacht wurde.

Donnerstag, 9. Oktober 2014

Weitere Dinge, die ich bisher in meiner Therapie gelernt habe.

- Die Formulierung ist wichtig: Wir versetzen uns in/ haben ein Gefühl; wir bekommen es nicht, denn Gefühle werden durch unsere eigenen Gedanken beeinflusst. Medikamente,  Drogen, u. ä. können diesen Vorgang lediglich positiv oder negativ beeinflussen. In der kognitiven Verhaltenstherapie konzentrieren wir uns jedoch nur auf die Gefühle, die wir durch unsere Gedanken beeinflussen können.

- Es gibt neun Grundgefühle, die jedoch jeweils in ihrer Intensität variieren können. Dafür gibt es auch wieder einige Begriffe. Der Einfachheit und dem besseren Verständnis wegen stufen wir die neun Grundgefühle jedoch auf einer Skala von 1 - 10 ein. 1 ist hierbei sehr gering und 10 sehr stark vorhanden. Die neun Gefühle im Einzelnen lauten wie folgt: Freude, Zuneigung (Liebe), Gleichgültigkeit, Abneigung (Hass, Ekel), Angst, Ärger, Trauer, Scham, Niedergeschlagenheit.

- "Von nichts kommt nichts." & "Sowas kommt von sowas." Diese beiden Sätze sollte ich mir immer dann wieder ins Gedächtnis rufen, wenn ich wieder einmal zu stark in meiner unangemessenen Gedankenspirale versinke und mich somit selbst blockiere.

- Psychische Probleme sind auch immer emotionale Probleme; denn, wie bereits geschrieben, sind wir für unsere Gefühle aufgrund unserer eigenen gedanklichen Bewertungen einer Situation selbst verantwortlich. Geschieht dies in einem unkontrollierten und unangemessenen Ausmaß, sprechen wir von einem psychischen oder auch emotionalen Problem.

- Es gibt keine gesellschaftliche Norm, denn jeder einzelne Mensch von uns hat seine ganz eigenen und persönlichen Normen. Es kommt lediglich vor, dass die Mehrheit der Menschheit diegleichen Normen verinnerlicht hat.

- Geht es uns gut, so liegt unsere Angstschwelle höher; also wir versetzen uns nicht so schnell in Angst. Geht es uns hingegen schlecht, liegt unsere Angstschwelle niedriger, weshalb wir uns schneller, und meist auch intensiver, in Angst versetzen.

- Vorfreude ist kritisch, da wir uns bereits über ein noch nicht erhaltenen Gewinn freuen. Erleiden wir nun aber einen Verlust in derselben Situation, so versetzen wir uns umso stärker in Trauer, Ärger oder Niedergeschlagenheit.

- An Äußerungen wie "Keine Ahnung." und "Ich glaube..." erkennt man deutlich meine ausgeprägte Selbstunsicherheit. Der Krankheitsgewinn in dieser Unsicherheit liegt darin, dass ich kaum bis keine Verantwortung für eventuelle Fehlentscheidungen tragen muss. Den Preis, den ich hierfür trage, ist die ständige Unsicherheit und damit erhöhte Anspannung, wenn ich vor Entscheidungen stehe; das raubt Kraft und Zeit.

- Ich und diagnostisch erwähnenswerte histrionische Merkmale? Mein ambulanter Therapeut kann das selbst nicht so genau sagen. Die Klinik hingegen war der Meinung, ich habe diese Merkmale. Ich selbst bin mir da nicht so sicher - vielleicht auch,  weil ich sie selbst nicht so wahrnehme, da sie zu meiner Persönlichkeit gehören. Dies wäre, laut meinem Therapeuten,  dann tatsächlich (diagnostisch erwähnenswert) histrionisch. Zeige ich dieses histrionische Verhalten jedoch nur ab und zu, so wäre es "normal".

Histrionisch bedeutet sich (emotional) theatralisch, dramatisierend verhalten, um so die Aufmerksamkeit, die man sich wünscht, zu bekommen.

Ja, ich wünsche mir oftmals mehr Aufmerksamkeit; insbesondere dann, wenn ich mitbekomme, dass andere mehr Aufmerksamkeit bekommen als ich. Mir steht sie doch (viel mehr) zu. Gleichzeitig habe ich aber auch Angst vor dieser Aufmerksamkeit (bzw. deren vermuteten Folgen), wenn ich sie dann bekomme; da ich dann wiederum denke: "Ich bin es nicht wert, diese Aufmerksamkeit zu bekommen." Ein innerer Zielkonflikt, dieser meine innere Anspannung enorm ansteigen lässt.

Auch fiel mir in den letzten Tagen auf, dass ich oftmals aus einer Mücke einen Elefanten mache.

Hingegen könnte es auch "nur" theatralisch und dramatisierend wirken, wenn ich aufgrund meiner Ängste sehr stark emotional reagiere. Klar zieht das die Aufmerksamkeit auf mich. Wenn ich dann auch noch Zuneigung/ Zuspruch bekomme, fühlt es sich aber auch wieder gut an. Ich habe quasi mein Ziel (Zuneigung) erreicht. Dies wäre vermutlich schon wieder histrionisch veranlagt.

- Nicht die Situation macht das Gefühl, sondern unsere Gedanken (auch: Bewertungen), die wir uns in dieser Situation machen.

Zum Nachdenken: Der Selbstwert

(oder auch: Was ich bereits in der Therapie gelernt habe - zumindest in der Theorie.)

Es gibt kein Selbstwertgefühl, denn unser Selbstwert kann sowohl mit negativen als auch positiven Gefühlen in Verbindung stehen. Werten wir uns auf, so freuen wir uns z. B. über ein bestimmtes Ereignis und fühlen uns deshalb gut. Werten wir uns ab, so haben wir z. B. Angst vor einer Situation, die wir peinlich fänden, und deren vermuteten Folgen und fühlen uns deshalb schlecht. So beruht Scham stets auf einem Selbstwertproblem.

Gefühle hingegen sind entweder stets positiv oder stets negativ; aber sie variieren niemals zwischen ein und derselben dieser beiden Optionen.

Der Selbstwert eines Menschen lässt sich nicht angemessen an einer Sache/ Macke oder Eigenschaft feststellen. Das gesamte "Paket" zählt.

Strebt ihr einen positiven Selbstwert an, so müsst ihr euch doch stets vor einem Selbstwertverlust fürchten. Dies führt euch langfristig ebenso in emotionale Krisen oder gar psychische Probleme, wie ihr sie bereits aufgrund eurer bisherigen stetigen Selbstabwertung (oder -aufwertung) kennt. Und diese unnötigen emotionalen Turbulenzen wollt ihr doch nicht mehr, oder?

Also: Verabschiedet euch von diesem verdammten Selbstwertkonstrukt!

Ein Beispiel: Stellt euch vor, vor euch steht eine super leckere Erdbeertorte. "Aber was ist da!? Eine faule Erdbeere! Das geht gar nicht. Die ganze Torte ist nun hinüber :(." - So die bisherige Denkweise eines Menschen mit Selbstwertproblem.

"Aber dies stimmt doch gar nicht. Entfernt doch dieses eine Stück der Torte und genießt den Rest derselbigen ;)." - So wäre eine angemessene Denkweise, um sich nicht in unnötige emotionale und psychische Probleme zu stürzen.

Natürlich könnt ihr euer Missgeschick, oder weswegen ihr euch auch immer unangemessen auf- oder abwertet, nicht einfach entfernen. Aber ihr könnt lernen, damit anders umzugehen; lernen, dies zu tolerieren oder akzeptieren. Ihr könnt umlernen!

Leider ist dies ein langer Prozess, und erfordert viel Ausdauer und Geduld, aber wenn ihr wirklich wollt, könnt ihr es schaffen! Und auch Rückschläge gehören dazu. Lasst euch von diesen nur nicht entmutigen. Bleibt stark und sucht euch entsprechende Unterstützung, wenn ihr es alleine nicht schafft.

Das Selbstwertproblem ist eine der drei Ursachen, weshalb wir heute unter emotionalen oder gar psychischen Problemen leiden. Und es ist vermutlich das, was die meisten mit sozialen Ängsten und andere psychisch Erkrankte betrifft.

Weiterhin gibt es noch die geringe Frustrationstoleranz, die auch bei mir immer wieder mitschwingt, sowie Probleme aufgrund von existenziellen Befürchtungen (z. B. "Wenn ich das tue, dann sterbe ich.").

Natürlich ist es auch möglich, mehrere dieser Ursachen bei sich zu entlarven. Sieht man ja an meinem  Beispiel: Selbstwertproblem + Probleme aufgrund geringer Frustrationstoleranz.

Dienstag, 30. September 2014

Rückblick: Okt. 2013 bis Sept. 2014

Nun habe ich mal wieder etwa ein Jahr nicht in meinem Blog zu Wort gemeldet. In der Zwischenzeit ist einiges passiert.

So war ich von Ende Oktober 2013 bis Mitte Dezember 2013 erneut in der psychosomatischen Klinik in Bad Bramstedt. Es waren sieben Wochen; eigentlich waren acht Wochen geplant, doch da der Entlassungstag dann genau auf den 24.12. gefallen wäre, und sie da keine Leute entlassen, wurde mir quasi eine Woche geklaut. Ich konnte mich damit einfach nicht anfreunden. Es ärgerte mich stets. Meine Bemühungen um eine Verlängerung um eine (bzw. zwei Wochen) haben nichts gebracht. Ich konnte denen nicht überzeugend vermitteln, warum ich denn noch zwei Wochen länger bräuchte. Dennoch hat mich der Klinikaufenthalt zumindest mehr gefordert, und war somit auch anstrengender, als mein erster Aufenthalt dort. Ich brauchte zwar viele Anstöße und immer wiederkehrende Gespräche, bzgl. des neuen Weges; doch konnte ich mich irgendwie dazu durchringen, z. B. mein Tuch ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr zu tragen. Anfangs war es verdammt schwierig und ich war versucht, mich anderweitig zu verstecken. Ich dachte auch oft daran, es doch wieder anzuziehen. Doch ich blieb stark, und ließ es sein; außer wenn ich draußen unterwegs war, denn dort war es kalt bis kühl. Zu solchen Zwecken war/ ist es erlaubt. Auch konnte ich das Tuch nachhaltig im Alltag ablegen. So trug ich diesen Sommer zum ersten Mal wieder kein Tuch. Weiterhin wurde ich medikamentös umgestellt. Auch hier konnte ich zumindest bzgl. Quetiapin eine deutliche Unterstützung merken; bereits wenige Tage nach der Einnahme in der Klinik hatte ich schon den Eindruck, als ob ich eine Situation nur so gut geschafft habe, weil ich dieses Medikament bekomme. Und auch im Alltag konnte ich in einigen Situationen feststellen, dass ich deutlich ruhiger war und nicht so schnell ins Schwitzen kam, wie ich es sonst von mir kannte.

Seit Februar 2014 habe ich mich bei meinem ambulanten Therapeuten auf eine Gruppentherapie eingelassen. Es war gerade anfangs mit sehr viel Unsicherheit und Befürchtungen verbunden, doch durch langsames heranfragen und der Absicherung, dass ich jederzeit auch zurück zu reinen Einzeltherapie wechseln kann, habe ich diesen Schritt gewagt. Und ich wurde nicht enttäuscht. Bei ihm ist die Gruppentherapie quasi auch wie ein Einzel; nur eben in der Gruppe. Wir sind insgesamt vier Patienten. Die Sitzung dauert 100 Minuten. Jeder Patient bekommt seine Zeit und kann da sein Thema/ ABC(Z) besprechen. Die anderen Patienten können ggf. dadurch von den anderen noch lernen.

Im weiteren bin ich weiterhin noch durchgängig arbeitsunfähig. Ich plane jedoch, in eine Tagesstätte zu gehen. Bereits im Frühjahr hatte ich erste Probetage. Es ist leider noch ein elendiger Weg durch den Behördendschungel, um hoffentlich auch die offiziellen Voraussetzungen für diese Tagesstätte zu erfüllen. So musste ich nun einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente stellen. Dies fiel mir gar nicht so leicht, mich für diesen Schritt zu entscheiden. Doch ich tat es und sag(t)e mir: "Ich tue es, damit ich in die Tagesstätte kann. Ich versuche das Wort "Rente" einfach auszublenden." In der Wartezeit kann ich jedoch weiterhin noch alle 14 Tage zu einem Spielenachmittag vorbeikommen.